Donnerstag, 24. November 2016

Unfälle und ihre Vermeidung

Wieder einmal gibt es sehr traurige Nachrichten aus den USA. Ein 2jähriger hat einem 1jährigen in den Kopf geschossen, während er mit den Eltern im Auto auf einem Parkplatz stand.
Es sind keine Details zu finden, außer, dass noch ermittelt wird, wie der Junge an die Waffe kam.
Es ist nicht das erste Mal, dass derartige Nachrichten zu lesen sind. Kinder, die ihre Mütter an- oder erschießen, als sie deren Waffen in die Hände bekamen. Geschwister, Spielkameraden oder Passanten, die "im Spiel" verletzt oder getötet werden.
Für die meisten Europäer steht fest, schuld an diesen Unfällen ist die leichte Verfügbarkeit von Waffen und dahiner steht bekanntlich die Indrustrie und die NRA.
Aber das ist zu einfach gegriffen. Schuld sind (i.d.R.) die Eltern. Wer glaubt, hierzulande könnte nichts dergleichen passieren, der verschließt die Augen.
"Messer, Schere, Licht ist für kleine Kinder nicht". Der Reim ist wohl vielen bekannt und ebenso sein Sinn. "Mit Messer / Schere in der Hand wird nicht gerannt" ist wohl weniger verbreitet, aber aus der gleichen Ecke einzuordnen. Hintergrund ist die Gefahr, die von Klingen, Flammen und ähnlichem ausgeht. Als Kleinkind nahm mein Großvater mich auf den Schoß und ich durfte seine Golf "einparken" - was bedeutete, er bediente die Pedale und ich drehte am Lenkrad - ohne Servorlenkung natürlich nahezu unmöglich für den kleinen Knirps der ich war. Schon bald ließ er das aber auch, denn mein Vater hielt mir dagegen bedeutend häufiger vor Augen, wie wertvoll, teuer und gefährlich ein Auto war. Wie leicht Schäden daran oder dadurch entstünden. Wie schlimm das wäre. So geriet ich bei einem der letzten Male regelrecht in Panik, als mein Großvater mich hochhob und ins Auto heben wollte. Die Erinnerung zählt zu den frühesten, die ich habe. Bis zu meiner Fahrschulzeit habe ich nicht mehr hinter einem Steuer gesessen - was sich wiederum als Benachteiligung gegenüber anderen erwies.
Der Kern ist: wir sind von gefährlichen Dingen umgeben. Bei fast allen davon legen wir großen Wert darauf, unsere Kinder so früh als möglich zu schützen und zu schulen. Wie überquere ich eine Strasse? Die Steckdosen werden gesichert (obwohl die meisten mittlerweile mit einer Kontaktsicherung kommen) und den Krabblern mit deutlichem "NEIN!" untersagt, daran zu spielen. Messer und Schere wird erst außer Reichweite, dann in "entschärfter" Version und unter Aufsicht zur Verfügung gestellt und mit Reimen und Merksprüchen zu angemessenem Verhalten aufgefordert.
Und trotzdem: Kinder trinken Rohrreiner oder andere Chemikalien. Ertrinken im Gartenteich, stürzen Treppen herunter oder aus Fenstern. Strangulieren sich am Klettergerüst mit der eigenen Kapuze, sterben am "zweiten Ertrinken" nach einem Poolunfall. usw. usf. In meinem Bekanntenkreis spielten zwei Kinder "Teestunde". Der Junge erhielt ein Glas "Limo" in blau. Weil die Softdrinks dieser Tage alle möglichen Farben haben, dachte sich die anwesende Mutter nichts dabei. Zwei Stunden später saß sie im Krankenhaus und wartete auf die wiederholten Untersuchungsergebnisse. Es war eine Reinigungschemikalie gewesen, welche von der anderen Mutter in eine Colaflasche umgefüllt worden war - aus Platzgründen. Ihr Kind hatte die Flasche im Giftschrank gefunden und zum Spielen einkassiert.
Wer sich bei google über "überfahrene Kinder" informiert, bekommt eine grausame Geschichte nach der anderen zu lesen. Wie viele Kinder in den letzten Wochen so ihr Leben verloren habe ich nicht zählen wollen.
Und da sind wir dann noch nicht bei den im Auto spielenden Kindern. Wie gefährlich es werden kann, "aus versehen" oder im Spiel die Handbremse zu lösen erfahren immer wieder entsetzte Eltern. Und wer glaubt, dies geschehe selten, der irrt gewaltig. Sie erregen nur weit weniger Aufmerksamkeit, als ein Unfall mit einer Schusswaffe in den USA. Eigentlich erstaunlich.

Das gilt auch für Messer. Als jemand, der normalerweise stets ein kleines und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben befindliches Messer dabei hatte und oft gebrauchte (als Brief- und Paketöffner, zum Hausgebrauch insbesondere in der Renovierungszeit, im Sport bis hin zum Nothelfer sollten sich die Hunde in den Leinen verfangen) bin ich immer wieder überrascht, wie wenige Menschen in der Lage sind, eine Klinge sicher zu übergeben. Regelmäßig muss ich darauf hinweisen: Griff zuerst übergeben, damit man nicht in die Klinge fast. Eine Kleinigkeit, aber ein Teil des sicheren Umganges mit einem Gegenstand, der das potential hat, zu verletzen oder gar zu töten.
Die meisten Haushaltsunfälle mit Messern werden nicht erfasst. Eltern achten in der Regel darauf, dass Kinder nicht in die Reichweite von Messern kommen. Wenn es dann doch mal passiert, gilt es als Unfall und es wird untersucht, ob die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind. Jemand, der seine Kleinkinder in Reichweite eines Steakmessersets spielen lässt wird in der Öffentlichkeit als unverantwortlich wahrgenommen werden, spätestens, wenn etwas passiert.
Warum ist das bei Schusswaffen anders? Die Eltern haben hier unverantwortlich gehandelt, indem sie nicht darauf achteten, dass die Waffen außer Reichweite der Kinder sind. Sie hatten eine Waffe dabei, die offensichtlich schussbereit war und haben diese nicht tunlichst unter Verschluss gehalten. Das ist nur vergleichbar mit einem scharfen Messer im Bällebad oder einem umgedrehten Rasenmäher mit laufendem Motor. Würden Sie Ihr Kleinkind allein einem offenen Feuer oder einem tiefen Pool spielen lassen? Wohl nicht. Wer ist schuld, wenn dann etwas passiert? Das Kind, der Pool / das Messer / der Rasenmäher oder die Eltern?

Ein Gegenstand ist genau das. Manche sind gefährlich, manche nur unter bestimmten Bedingungen und manche gar nicht. Wenn es um Kinder geht, so können die unwahrscheinlichsten Dinge zur Bedrohung werden. Darum brauchen sie Aufsicht. Und diese sind verantwortlich. Das ist oft nicht schön und mitunter sehr lästig - aber nur so vermeidet man die meisten Unfälle. Zumindest solche ohne Fremdbeteiligung und Materialfehler.
Es wäre an der Zeit wieder mehr Eigenverantwortung zu lehren und den Menschen weniger Raum zu geben, andere(s) für ihre Fehler zu beschuldigen.

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