Donnerstag, 28. Juli 2016

Gelebte Märchenwelt

Drei Märchen bzw. Geschichten scheinen dieser Tage wahr zu werden - oder müssten dringend den Kleinsten vermehrt vorgelesen werden.
Des Kaisers neue Kleider
Die drei kleinen Schweinchen (man sehe mir die Disney Version nach, ich fand keine andere auf die Schnelle)
 Kleider machen Leute

Alle drei Geschichten sind wohlbekannt und werden oft verfilmt, vorgelesen und vertont. Aber die darin enthaltenen Lehren werden nicht umgesetzt. Darum gehe ich davon aus, dass sie nicht verstanden werden.
Gemein ist allen Dreien die Bedeutung der Taten. Was unternehmen die Menschen gegenüber dem, was sie von sich geben.
Die Betrüger im Märchen um des Kaisers Kleider behaupten, sie seien in der Lage, das beste und schönste an Kleidung herzustellen, dass man sich nur vorstellen könne und darüber hinaus, aber nur Intelligente Menschen könnten es sehen.
Natürlich wird dies auch so verbreitet und nicht etwa als geheimer Intelligenztest genutzt, und so will keiner dumm da stehen. Alle spielen mit und den Betrügern somit in die Hände. Das Märchen endet gut, die Unschuld überzeugt in Gestalt eines Kindes, der Kaiser geht gegen niemanden vor und das Volk unternimmt trotz des Sturkopfes des Kaisers nichts. Am Ende ist der Schaden zwar da - dieser aber längst nicht so schlimm, so scheint es.

In den drei kleinen Schweinchen bauen zwei Schweinchen ihre Häuser aus billigem, schnell zu verarbeitendem Material - und werden von dem nach ihrem Leben trachtenden Wolf obdachlos gemacht. Erst beim dritten Schwein finden sie Sicherheit, der hatte sein Haus mit viel Mühe und Aufwand und unter dem Gelächter der anderen aus Stein erbaut. Beim Versuch trotzdem an seine Beute zu kommen gerät der Wolf in eine Falle und wird von seinen vermeintlichen Opfern getötet.

Kleider machen Leute ist eigentlich eine Verwechslungs- und weniger eine Betrugskomödie. Ein Schneider wird irrtümlich für einen Grafen gehalten. Da er sich kurz vor der Aufklärung der Lage verliebt, lässt er alle in dem Glauben. Weder mangelndes Benehmen noch die unzureichende Sprache spielen angesichts der Verbreitung seiner vermeintlichen sozialen Stellung eine Rolle.
Er wird verraten und flieht. Doch seine Geliebte und Verlobte findet ihn, stellt ihn zur Rede und kämpft für und um ihn. Am Ende geht auch diese Geschichte gut aus, der Schneider beweist aufrechte Gefühle und Talent in seinem Beruf.

Alle Geschichte könnten direkt aus unserer Zeit und unseren Verhältnissen stammen. Der Gruppenzwang - keiner will als Rechter dastehen und die wenigen die trotzdem etwas tun werden entsprechend angefeindet.
Äußerlichkeiten und Gruppenbindung, die trotz mangelnder Eignung für den Stand dazu führen, dass man in Amt und Würde bleibt. Damit meine ich keineswegs nur die Fälle von Anmaßung, wie jüngst bei einer SPD-Abgeordneten. In Politik und Medienlandschaft scheint es oft zu genügen, nach Außen erfahren, intelligent und vorbereitet zu erscheinen - auch wenn man absolut inkompetent, faul, dumm oder verdorben ist - oder gar mehreres bis alles zusammen. Das sich ein Haufen Laien mit lebenswichtigen Dingen unseres Alltages beschäftigt und darüber bestimmt ist das Eine - dass diese aber weder Sorgfalt noch Gewissen an den Tagen legen etwas völlig Anderes.

Und schließlich wird viel Aufhebens gemacht um Gesetze und Behörden zu schaffen, die unser Leben besser machen sollen, aber in Wirklichkeit nichts als Strohhütten  und grob zusammen genagelte Bretterbuden sind. Solche, die lieber auf Nummer sicher gehen wollen und dafür auch bereit sind etwas auf sich zu nehmen werden verlacht. Am Ende wird die Bedrohung  vermutlich so weit gediehen sein, dass die Lachenden sich zu ihren Opfern flüchten. Ob diese ihnen dann helfen (können) wird sich zeigen.

Ein hervorragendes Beispiel ist der Anschlag von München.
Ein deutsch-Iraner lockt nach einem Jahr Planung seine Opfer zu einem McDonalds und erschießt neun Opfer und verletzt mindestens 14 weitere. Er wird gefilmt, u.a. wie er mit einem ziemlich unverblümt redenden Mann über zwei Dächer hinweg streitet. Kurz nach der Tat wird ein junger Afghane verhaftet, der scheinbar über Tat und Vorhaben informiert war.

I. Rechtsextremer

Heute erschien nun in der FAZ die Nachricht, es handelte sich bei dem Täter um einen Rechtsextremisten.
Aha.
Mal sehen, was das bedeuten soll. Nach der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB)
Rechtsextremisten lehnen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab und wollen − auch unter Anwendung von Gewalt − ein autoritäres oder gar totalitäres staatliches System errichten, in dem nationalistisches und rassistisches Gedankengut die Grundlage der Gesellschaftsordnung bilden sollen. 
und weiter
Das rechtsextreme Weltbild ist gekennzeichnet durch Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, völkische Ideologie, Antisemitismus, Geschichtsklitterung, einhergehend mit der Verherrlichung des NS-Regimes und Relativierung bis zur Leugnung des Holocaust, Diffamierung und Ablehnung des demokratischen Rechtsstaats und seiner Institutionen. Nach einer Definition des Bundesverfassungsschutzes ist ''Rechtsextremismus in Deutschland nicht ideologisch homogen. Eine Überbewertung ethnischer Zugehörigkeit und eine gegen den Gleichheitsgrundsatz gerichtete Fremdenfeindlichkeit sind allerdings bei allen Rechtsextremisten festzustellen.'

Der Verfassungschutz bietet etwas ausführlicher an:

 Vielmehr tritt er in verschiedenen Ausprägungen nationalistischer, rassistischer und antisemitischer Ideologieelemente und mit unterschiedlichen, sich daraus herleitenden Zielsetzungen auf. Dabei herrscht die Auffassung vor, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder Rasse entscheide über den Wert eines Menschen.
Neben diesen Ideologiefragmenten verbindet Rechtsextremisten in aller Regel ihr autoritäres Staatsverständnis, in dem der Staat und das nach ihrer Vorstellung ethnisch homogene Volk als angeblich natürliche Ordnung in einer Einheit verschmelzen. Gemäß dieser Ideologie der „Volksgemeinschaft“ sollen die staatlichen Führer intuitiv nach dem vermeintlich einheitlichen Willen des Volkes handeln.
Unverzichtbare Ideologieelemente für die überwiegende Mehrheit der deutschen Rechtsextremisten stellen der – offen, unterstellend oder verbrämt geäußerte – Antisemitismus und der Geschichtsrevisionismus dar. Letzteres steht für eine ideologisch motivierte Umdeutung historischer Tatsachen, die eine verfälschende Geschichtsbetrachtung propagieren. In den vergangenen Jahren hat das Aktionsfeld der „Islamfeindlichkeit“ als eine moderne Form der Fremdenfeindlichkeit für die rechtsextremistische Szene an Bedeutung gewonnen.

Und nun legen wir diese Merkmale, die selbst das nach linksneigende Laienlexikon Wikipedia anführt, an den Täter aus München an.

- Nationalist. Wissen wir nicht. Sein Vater ist Iraner, bislang haben wir von keinen Fahnen oder Devotionalien gehört, keine Zeugenaussagen und kein Video welches übermäßigen Nationalismus belegen würde
- Antisemitismus. Wissen wir nicht. Das gleiche wie im Fall des Nationalismus.
- Islamfeindlichkeit. Wissen wir nicht. War er selbst Muslim? Nicht bekannt, aber eine naheligende Möglichkeit angesichts der familiären Herkunft. Bleibt aber Spekulation. Bislang wurde nichts über Moscheebesuche bekannt und entsprechende Ausrufe finden sich ebenfalls nicht in den Zeugenaussagen.
- Faschismus. Wissen wir nicht. Aber es kommen Erkenntnisse an die Öffentlichkeit, nach der er Hitler verehrte. Er rühmte sich wohl damit am gleichen Tag geboren worden zu sein. Wie weit er sich mit einem autoritären und omnipräsenten Staat anfreundete ist nicht bekannt.
- Geschichtsrevisionismus. Wissen wir nicht. Auch bei der Pressekonferenz des bayrischen Innenministers Hermann kam dazu keine Information.
- Rassismus. Im Video hört man ihn auf Türken fluchen und sagen, er sei Deutscher und hier geboren. Die FAZ berichtet über Zeugenaussagen, er habe sich als Arier bezeichnet und gegenüber Türken und Arabern darum ein rassistisches Höherwertigkeitsgefühl aufgebaut. Seine Opfer stammen aus Albanien, der Türkei und scheinbar aus Europa (die Herkunft zweier Opfer wird interessanterweise nicht angegeben). Dies wird als Beleg angeführt, er hätte noch mehr Menschen töten können. Ausgelassen wird hier die Herkunft seiner überlebenden Opfer. Diese scheinen nicht zu zählen - auch nicht der Mordversuch an ihnen, denn die FAZ schreibt zynisch:
Für die Annahme, dass S. aus rassistischen Motiven heraus tötete, spricht auch, dass er mehr Menschen hätte umbringen können – er führte 300 Schuss Munition bei sich.
Auch die Betonung seiner Geburt in Deutschland im Abgleich mit den Geburtsorten seiner Opfer scheint die Journalisten, Politiker und Polizisten nicht zu beschäftigen. 
Rassismus ist kein Alleinstellungsmerkmal deutscher Rechtsextremisten (so heilsam dies für manchen Flecken dieser Erde wäre). Im Orient geht es da heiß her. Es folgen Pauschalisierungen - sie sind nicht allgemeingültig sondern beziehen sich auf stark verbreitete Denkweisen - oder besser Gefühle.
Türken hassen Kurden, Armenier, Araber und Israelis. Auch die Palästinenser sind nicht wirklich beliebt. Umgekehrt betrachten viele Araber die Türken mit Abscheu, blicken auf die Perser und Jemeniten herab. Unter Arabern wie den arabischen Nordafrikanern ist "Abu" noch immer verbreitet um Menschen dunkler Hautfarbe zu umschreiben - kürzer gesagt, Rassismus gegen Schwarze ist noch immer verbreitet und konnte während des arabischen Frühlings u.a. bei Lynchkommandos gegen Gastarbeiter beobachtet werden.
Wir wissen außerdem, dass der Täter von München als Mitwisser einen  jungen Afghanen hatte. Und an der Schule seinerseits inbesondere von Türken und Arabern gemobbt wurde. Dies klingt nicht nach dem bekannten ausländerfeindlichen Rassismus deutscher Extremisten.
Die Iraner (ich schreibe bewusst nicht Perser) haben sich auch in Sachen Hitler und Geschichtsrevisionismus hervorgetan. Längst vergessen der eindeutige Ausdruck dessen bei einem Freundschaftsspiel der iranischen gegen die deutsche Fußballnationalmannschaft 2004.
Zwar bemühte sich das deutsche Fernsehn, die speziellen Grüße so wenig als möglich zu zeigen und zu marginalisieren, ab 1:20 aber sind sie deutlich zu sehen.

Sind die Iraner Rechtsextremisten? Oder begegnen sich hier zwei Ideologien in einigen Gemeinsamkeiten, welche sie zu Verbündeten macht? Letzteres darf nicht besprochen werden. Vergleiche mit den Nazis sind außerhalb deutscher Reihen nicht erlaubt. Das machte die ARD klar, als sie im Kommentarbereich zu den Meldungen bzgl. Erdogans derzeitigen Aktion ankündigte, alle Vergleiche zu zensieren.


Angesichts dieses sehr differenzierten Hintergrundes ist die Bezeichnung Rechtsextremist für den Amokläufer von München mindestens so vorschnell, wie der Islamist. Doch gegen den wehren sich deutsche Medien und die "Aufrechten" deutlich, egal wie eindeutig die Sachlage ist.

Und das soll keineswegs die Gewalt- oder Tötungsbereitschaft Rechtsextremer in Frage stellen. Ob NSU, totgeprügelte Einwanderer, Bomben am Oktoberfest oder Brandstiftung an bewohnten Häusern - wir haben genug Beweise gesehen, dass Rechtsradikale zu mehr bereit sind, als erhobene rechte Arme und Revisionismus.


II. Schusswaffenmorde

In Nizza wurde ein LKW benutzt um 84 Menschen zu töten, dutzende weitere zu verletzen. Wie immer bei diesem Hintergrund der Anschläge erfahren wir wenig über das weitere Schicksal der Opfer. Sind alle durchgekommen, werden sie wieder vollständig gesund...?
Schon die Tatsache, dass dieses Tatmittel nicht zum ersten Mal benutzt wurde, sondern es eine ganze Reihe vorhergehender, nicht annähernd erfolgreicher Angriffe mit Fahrzeugen bspw. auf Weihnachtsmärkte gab wird kaum erwähnt und ist nahezu allen Menschen mit denen ich spreche unbekannt.
Die unmittelbar vorhergehende Tat, der Mord an einem Polizistenehepaar vor den Augen ihres kleinen Kindes mit Messer und Beil ist schon verdrängt. Die Bomben vom Flughafen Brüssel und den Tätern von Paris sind zur Nebensache verkommen, ebenso wie Axt und Messer des Würzburger Terroristen. In München wurde eine einzelne Pistole benutzt.
An dieser Stelle muss ich auch erneut auf den obigen Absatz zurückkommen.
Die Gesinnung des Täters könne man auch an den Opfern ablesen.
Für die Annahme, dass S. aus rassistischen Motiven heraus tötete, spricht auch, dass er mehr Menschen hätte umbringen können – er führte 300 Schuss Munition bei sich.
Meines Wissens führte der Täter diese 300 Schuss in seinem Rucksack mit. Je nachdem welche Pistole der Firma Glock bzw. welche Magazine er für diese Waffe besaß, konnte er bis 17 Schuss in die Waffe einführen und hintereinander verschießen. Ob er mehr als ein Magazin besaß und wenn ja, wie viele konnte ich bislang nicht herausfinden. Daher gehe ich von zweien aus. Das heisst, er hatte ca. 34 Schuss, von denen er 17 erst durch ein schnelles nachladen zuführen musste. Jeder, der glaubt, so ein Magazinwechsel sei eine naturgegebene Fähigkeit hat offensichtlich keine Ahnung - zumal unter Stress. Hier ein paar Videos von Profis und Semi-Profis des Schießsportes wie es geht, was man alles beachten muss, und wie es auch schief gehen kann. Bitte beachten: die Ausrüstung dieser Leute ist auf schnelle Magazinwechsel ausgelegt - der Täter von München hatte nichts dergleichen.
Trotzdem gelang es ihm, 9 Menschen, die meisten davon jung und vor ihm fliehend, zu erschießen und mindestens 14 weitere zu verletzen - die meisten vermutlich durch Treffer, darunter mindestens ein Kopfschuss.
Das Video, welches ihn vor dem Schnellrestaurant einfing, zeigt, wie er sehr schnell hintereinander mehrere Schüsse abgibt und davon treffen nach Rekonstruktion mehrere, auch tödlich.
Hatte er nicht mehr als zwei Magazine, so hätte er diese erst wieder befüllen müssen. Ein durchaus aufwendiger Vorgang, der am besten in Ruhe vollzogen wird. Ober dies bei seinem Rückzug vorhatte oder schon tat ist mir nicht bekannt.
Wären alle 300 Schuss in Magazinen gewesen, so hätte er  etwa 18 Magazin gebraucht. In seinem Rucksack wären diese trotzdem nur umständlich zu erreichen gewesen.
Es ist ausgesprochen zynisch, welt- und sachfremd zu behaupten, er hätte trotz der großen Zahl an Munition in seinem Rücksack darauf verzichtet, mehr Menschen umzubringen und dies als Beweis für seinen Rassismus anzuführen.

Die Waffe selbst wird thematisiert und besonders unser ehemaliger Umweltminister Gabriel, der jetzt den Vizekanzler mimt, fordert schärfere Gesetze.
Die Waffe wurde illegal reaktiviert.
Die vorausgehende Deaktivierung erfolgte nicht nach deutschen Maßstäben, die seit mehreren Jahren gelten und irreversibel sind.
Die Waffe wurde illegal über das Darknet besorgt.
Die Munition wurde auf dem gleichen Weg ebenso illegal besorgt.
Auch hier gilt: jemand ohne Ahnung will lediglich so tun, als wäre er besorgt um unser Wohl und würde aktiv. In Wahrheit ist dies nur Aktionismus, der absolut nichts bringt, außer den Legalwaffenbesitzern, die nach allen Polizei- und Geheimdienstberichten keine Gefahrenquelle sind,  das Leben zu erschweren und ihre Freiheit zu beschneiden.
Mehr deutsche Gesetze verhinderten diese Tat bestimmt nicht.

 

III. Islamist? Nicht doch....

In Nizza, Würzburg und Ansbach wurde jedesmal jeder der kurz nach der Tat von Islamisten sprach als islamfeindlicher, vorurteilsbehafteter Rechter dargestellt. Journalisten bemühten sich in allen Fällen Entschuldigungen und andere Motive aufzutun oder sogar zu kreieren. Ob Petra Sorge im Cicero den Schlachtruf des Massenmörders von Nizza versuchte zu leugnen und dabei die Glaubwürdigkeit der Tatzeugen (durch das Trauma selbst Opfer) absprach, Artikel in allen größeren Zeitungen und Zeitschriften über "was wir nicht wissen" oder die vielen Schreiber, welche dem Attentäter von Würzburg selbst nach einer riesigen Latte an Beweisen lieber eine Geisteskrankheit als Ursache unterjubelten nur um unmittelbar darauf durch ein Bekennervideo auf einer IS Plattform als Entschuldiger und Verharmloser entlarvt zu werden. Oder die Versuche u.a. der heute show u.a. durch den #ISbekenntsich die Beanspruchungen des Terrorstaates lächerlich und unglaubwürdig zu machen - nur um in besagte Bekennervideofalle zu laufen und selbst den letzten Rest Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Anders als dargestellt beansprucht der IS eben keineswegs alles, was derzeit an Anschlägen passiert. Fast alle von ihm beanspruchten Attentate konnten auch zu ihm zurückgeführt werden. Viele davon durch Bekennervideos. Zum Anschlag von München erfolgte ebenfalls schnell eine Reaktion - aber keine Beanspruchung, sondern "lediglich" Glückwünsche.
Auch die Beschäftigung mit dem IS dabei fällt unter den Tisch. Ich halte die Diskussion rund um die Beanspruchungen darum für eine weitere Ablenkung. Ob islamistisch aus eigener Radikalisierung, ob für Al Quaida, Al Nusra oder eben den IS - der Hintergrund bleibt gleich.
Angesichts der langen Reihe gelungener islamistischer Anschläge in den letzten Jahren ist der zynische Humorversuch der Medien dementsprechend widerliche Ablenkungs- und Entschuldigungspolitik, um sich der Diskussion und den sicherlich ebenfalls aufziehenden extremen Haltungen entgegen zu stellen.
Auch das Credo "das hat nichts mit dem Islam zu tun" war zu hören - allerdings erst als letzte Ausweichsstrategie, wenn die Verleugnung der Morde selbst versagt hatte.
Der youtuber "Kraut and Tea" legt (auf englisch aber mit deutschen Screenshots bzw. in einem leider sehr von Tonproblemen geplagten Gespräch mit einem anderen youtouber) sehr ausführlich dar, wie die lokale Presse nach der Explosion von Ansbach erstmal versuchte, "harmlose" Erklärungen zu finden. Dünger- und Gasexplosion wurden aufgefahren. Auf Twitter hofften unterdessen die Realitätsfremden, dass es sich um einen rechtsradikalen Anschlag gehandelt haben möge.

Soweit also die Verweigerung des Offensichtlichen. Die Presse tritt nackt zur Parade an, das Volk wagt kaum etwas zu sagen, auch wenn es nur allzu deutlich ist, dass der Kaiser ungleidet auftritt.
Lediglich gegen Künast, die MdB, welche der Polizei vorwarf, den sie angreifenden Terroristen nicht "kampfunfähig" geschossen zu haben, traf ein wenig Widerstand.
Natürlich treten auch wieder allerhand Experten auf. Gewandet in die vermeintliche Reputation, ihre Ämter, welche sie ohne jeglichen Eignungsnachweis bekommen konnten oder einfach ihrer Bekanntheit erklären sie uns, wie die Welt funktioniert. Warum wir selbst schuld sind, dass wir unser Leben nicht verändern lassen dürfen, dass jede Angst und jede Äußerung, etwa die von Comedian Mario Barth direkt "fischen am rechten Rand ist".
 Auch hier blamiert sich die Presse gnadenlos. Mario Barth hatte einen Text gepostet. Wer den Komiker kennt, weiß, er behauptet nicht von sich gebildet oder besonders intelligent zu sein. Im Gegenteil. Seine Art ist recht einfach gehalten. Nun schrieb er
Es wird immer schwieriger zu schreiben, wie man etwas empfindet, da man entweder dann ein "Hetzer", ein "Angstverbreiter", ein "Natzi", ein "Publizist" oder ein "Idiot" ist. Ich versuche es trotzdem. Ich verstehe die Welt momentan nicht!!! Unserer Innenminister, der sehr "sympathische" Thomas de Meiziere, sagt so etwas wie"...alles soweit in Ordnung bla bla..." oder so etwas wie "...wenn ich Ihnen alles sagen würde, würde Sie das beunruhigen bla bla" Erst Würzburg, jetzt München, vorher Nizza. Was kommt denn als nächstes?? Ich weiß ich bin eigentlich für Comedy zuständig. Ich werde immer wieder gefragt, ob es auch andere Momente gibt. Ja, dieser!!! Ich bin sprachlos.
Über Form und Rechtschreibung kann man diskutieren (irgendwann werde auch ich meine Text korrektur lesen bevor ich sie absende...) - inhaltlich ist es eine klare Bestandsaufnahme die von der Reaktion seines Kollegen Michael Mittermeiers und der Presse denn auch prompt bestätigt wird.
Mittermeier
 Ich bin auch sehr geschockt von den aktuellen schlimmen Ereignissen der letzten Wochen, und ich teile mit Euch diesen Post von Mario Barth, weil er gut zur Diskussion „Wo sind die Grenzen in der Comedy?“ passt. Nämlich für mich hier! Danke, dass sich Mario selbstlos zur Verfügung stellt – es könnte auch heißen: „Mario Barth deckt sich auf.“ Wie dieser Post geschrieben ist, gespickt mit Best-Of-Besorgte-Bürger-Floskeln, das nennt man Fan-Fischen am billigen Rand. Damit ist er in einer romantischen Linie mit Horst Seehofer: „Es soll keinen Komiker rechts von mir geben.“ (...)
Er rät seinem Kontrahenten u.a. einem Spruch seiner eigenen Marke zu folgen und "die Fresse zu halten".
Er macht also genau das, was Barth beklagt - er macht aus dessen offen geäußerten Gefühlen eine Rechte, eigentlich Rechtsradikale Gesinnung.
Die Presse bejubelt ihn dafür. Die Huffington Post zeigt ihrerseits die Geisteshaltung ihrer Redakteure. Unter dem Titel "Nach Mario Barths Hetz-Post: So genial weist ihn Michael Mittermeier zurecht" bezieht sie Stellung.
Barth "hetzt" und Mittermeier "weist zurecht". Früher hätte eine Belehrung unter Komikern vielleicht eine Debatte darüber ausgelöst, ob dies unter erwachsenen Menschen nicht eine arrogante Haltung wäre - heute ist es Grund zu jubeln, zumindest wenn die "richtige" Meinung vertreten wird.
Das auch Mittermeier nicht faktenfest ist und in all seinem Bemühen Barth als dumm darzustellen selbst neben dem ein oder anderen Fehler im Text dann sich widerspricht und von einer durchtriebenen Marketingstrategie ausgeht - Nebensache.
Mich persönlich stört der mangelnde Widerspruch gegen Mittermeiers Behauptung unser Innenminister kämpfe an vorderster Front. Das ist die wirkliche Menschenverachtung. Die Frontlinie, das ist dort, wo Terroristen Menschen massakrieren. Die Opfer und die potentiellen Opfer, DIE stehen an der Frontlinie. Die Polizisten, die den Terroristen "kampfunfähig schießen" sollen und Wohnungen mit möglichen Sprengfallen stürmen, die damit leben müssen ein Leben genommen zu haben oder selbst dem Tod ins Auge blicken, die durch Ströme aus Blut und über Berge aus Leichen und Verletzten ins Bataclan klettern um gegen Schwerbewaffnete zu kämpfen; Rettungskräfte die ein weinendes kleines Mädchen auf der Leiche seiner Mutter im Brüsseler Flughafen sitzen lassen müssen, während sie denen helfen, denen noch zu helfen ist - DAS sind die Menschen an vorderster Front.
Vor wenigen Tagen wurde ein interner Bericht veröffentlicht, nachdem die Beamten, die das Bataclan stürmten sich übergeben mussten. Die Opfer der Terroristen wurden nicht einfach ermordet. Die Beamten fanden verstümmelte Leichen (Menschen mit schwachem Magen bitte zum nächsten Absatz springen, ich lasse Raum). Die Mörder hatten nicht, wie anfänglich berichtet, sich stundenlang mit Exekutionen aufgehalten. Sie hatten gefoltert. Die Beamten fanden herausgepulte Augen. Männern waren die Geschlechtsteile abgeschnitten und in den Mund gestopft worden. Frauen waren mit scharfen Gegenständen vergewaltig worden oder ihre Genitialien wurden mit scharfen Gegenständen verstümmelt. Darum wurden verschiedene Leichen den Familien nicht übergeben bzw. gezeigt, bevor man sie beerdigte.
Mittermeier (l.) und Barth. Quelle: Focus




Dieses Bild verfolgt mich, seitdem ich davon las. Ich habe Bilder ähnlicher Vorgänge aus verschiedenen Kriegen und den aktuellen Ereignissen in Syrien und Irak gesehen. 
Diese Opfer und diese Beamten, die Sanitäter und die Familien - das sind die Menschen an der Front. Wer das negiert, wer diese Menschen so ignoriert, dem sind Leben in Wirklichkeit egal. Dem geht es um eine bestimmte Klientel, wie den anderen Extremen auch.
Wie sich da jemand hinstellen kann und behaupten, unser Innenminister stünde an vorderster Front ist entweder unglaublich zynisch oder in einer arroganten Weise uninformiert und desinteressiert, dass es mir die Haare zu Berge stehen lässt.
Und damit sind wir bei den Schweinchen. Die Frage nach der Sicherheit wird entweder beantwortet mit "wir dürfen uns durch den Terror nicht unser Leben bestimmen lassen" - der Hütte aus Stroh über "wir müssen die Waffengesetze verschärfen und strengere Kontrollen an öffentlichen Plätzen einführen" - dem Haus aus Holz.
Wie das Haus aus Stein aussieht, dass kann ich nicht genau sagen. Aber das der Eingang dazu aus der ehrlichen Diskussion ohne Verfehmung auf der Basis der Meinungs- und Redefreiheit sein muss, dass weiß ich genau.



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