Sonntag, 8. Mai 2016

Berichterstattung deutscher Medien - Parteilichkeit ohne Ende

Jetzt geht es mal wieder gegen die Apotheker. Obwohl wir in den letzten Jahren verschiedene Dinge erlebten, die auf einem freien Markt eigentlich unmöglich sind, neigen unsere Journalisten dazu, sich vor allem auf die Apotheker selbst einzuschießen. Wir haben zwar ein Apothekensterben in Deutschland bei gleichzeitigem Wachstum des Bedarfs und die bestehenden Apotheken gehören mehr und mehr zu Ketten, die es im Gesundheitswesen ja eigentlich nicht geben darf aber deren Existenz durch Nischen trotzdem toleriert wird (und man stelle die Frage, warum), obwohl unter U. Schmidt (und ihren Nachfolgern) als Gesundheitsministerin eine Zwangsabgabe in Höhe von tausenden eingefordert wurde, die nicht, wie ursprünglich behauptet einmalig oder stark begrenzt war, sondern über Jahre lief), obwohl Apotheken wie Tankstellen von den Zusatzverkäufen leben (da sie eine Preisvorgabe und eine maximale Gewinnspanne bei Medikamenten einhalten müssen) halten unsere Medienvertreter weiterhin am Narrativ fest, die Apotheker hätten eine sehr effektive und starke Lobby, die ihre Interessen mit allen Mitteln erfolgreich vertritt.
Das dies Schwachsinn ist, kann man an den oben genannten Tiefschlägen ablesen, welche die eingetragenen Kauflaute (denn dies zu sein erfordert das Gesetz von einem selbstständigen Apotheker) einstecken mussten.
Nun geht es aber weiter. Die Welt am Sonntag brachte heute einen Artikel, in welchem sie behauptet, "Apotheker betrügen Kassen um Millionen" - und glücklich springen andere Zeitungen auf (an dieser Stelle beispielhaft die Süddeutsche). Nur wer die ganzen Artikel liest (und dies gründlich), also gefühlt weniger als 20% der Leser, stößt dabei auf relevante Informationen. So geht es nicht um "DIE Apotheker" - es geht um einige wenige Betrüger, die sich über die Bundesländer verteilen. Unter 20 000 Apotheken und ca. 17 000 selbstständigen Apothekern. Die genaue Zahl der Täter ist mir bislang nicht untergekommen - es dürfte auch schwer sein, denn "Sie machen dabei gemeinsame Sache mit Ärzten oder Patienten."
Komischerweise heißen die Artikel nicht "Patienten prellen Krankenkassen" oder "Ärzte betrügen organisiert" sondern eben Apotheker. Es wird in kopfschüttelndem Ton über das Vertrauen zu den Apothekern gesprochen, welches ungebrochen groß ist. Warum dies so ist, könnte man leicht erfahren. Etwa wenn die Stammapotheker sich ein Bein ausreißen, um ein Medikament zu bekommen, welches der Kunde (in der Apotheke wird aus dem Patienten der Kunde - eigentlich) dringend braucht, die Apotheke aber nicht auf Lager hat. Oder wenn der Apotheker bemerkt, dass der Arzt einmal mehr einen Fehler gemacht hat (falsches Medikament, zu hohe oder zu niedrige Dosierung, Wirkung mit anderen Medikamenten, welche der Kunde bekommt) und sich darüber dann mit dem Arzt eine Diskussion liefern darf - zum Besten der Kunden.
Wie gerade die Senioren mit der für den Kunden kostenlosen Apothekenzeitung ihren Alltag bereichern und sie darum vehement einfordern - und der Apotheker dies bezahlt.

Geradezu bescheuert wird es im Text aber, wenn von "organisiertem Betrug" die Rede ist - wir also den Vorwurf verbreiteter und organisierter Kriminalität haben. Eine Behauptung, die nur durch den Satz des Ökonomen Gaeske getoppt wird, der behauptet, Betrügereien würden nur schwer erkennbar sein.
Organisiert höchstens im Sinne, dass sich alle drei Beteiligten Personenkreise (Patienten, Ärzte und Apotheker) zusammen tun, aber nicht im Sinne verbreiteter Strukturen, die weite Kreise innerhalb der Gruppen ziehen.
Und das dies nicht auffällt kann nur behaupten, wer entweder keine Ahnung von den Abläufen hat, oder bewusst Partei genommen hat - zugunsten der Kassen. Wer es nicht glaubt, möge sich einen Tag in der Apotheke ansehen. Diese senden die gesammelten Rezepte in bestimmten Abständen an die Abrechnungsstellen der Kassen - wo diese intensiv auf mgl. Fehler oder Nichtbeachtungen der von ihnen abgeschlossenen Rabattverträge (de facto ebenfalls eine Maßnahme gegen Moral und unsere marktwirtschaftliche Regeln)  geprüft werden. Kann etwas beanstandet werden, so gehen die Rezepte unbezahlt zurück oder die Apotheken werden sogar "retaxiert". Das kann sogar Ärzten passieren. Diese angebliche "Wirtschaftlichkeit", die von den Kassen zu Einsparungszwecken und m.E. auch zur Mauscheleien genutzt werden, geht zulasten der Ärzte, Apotheker und letztlich auch der Patienten / Kunden.
Die Überprüfung hierbei, zusammen mit dem bei Apotheken ziemlich durchdringenden Blick der Finanzämter verhindert, mit einigen weiteren Stellen, dass solche Betrügereien wirklich spielend leicht durchgeführt werden. Abgesehen davon, dass die Mehrheit der Menschen gesetzestreue Seelen sein dürften, kommt diese Erschwernis hinzu um zu verhindern, dass jenes Problem wirklich so riesig ist, wie behauptet.
Es handelt sich um Fälle von Betrug, und wie bei jedem Beruf dem Vertrauen geschenkt wird, ist es besonders unangenehm und sensationell - aber einseitige Berichterstattung und Pauschalisierung sind hier erbärmlich.

Vor allem angesichts der bescheidenen Analysen und Kritiken an jüngsten Polit- und Medienskandalen...

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