Samstag, 6. Februar 2016

Der mutige Kölner und sein Karneval

Karneval oder Fasching oder Fastnacht seht vor der Tür bzw. mitten im Raum.
Vielleicht hat sich der ein oder andere mal gefragt, was in unserem "traditionsreichen" Karneval im Rheinland immer diese "Garden" mit ihren uralten Uniformen und den Gewehren mit Blümchen im Lauf zu suchen haben, wo doch andernorts das Militär so gar keine große Rolle bei den Feiern spielt.

Darauf kann es nur eine polemische Antwort geben: nun, das liegt daran, dass die Menschen vor 200  und 100 Jahren mehr Mut und Verstand besaßen, als die heutigen. Die Uniformen und "Waffen" wurden genutzt, um das Militär zu karrikieren. Eine Provokation in einer Zeit, in der Gewalt durchaus als Erziehungs- und Ordnungsmittel eingesetzt wurde und Monarchen wie Regierungen mitunter harsch auf solche Art von Witz reagierten.
Wie viel Mut, mit Humor Probleme und Missstände mit den relativ modernen Wagen und Kostümen übrig geblieben ist, darüber konnten wir uns in den letzten Jahren überzeugen, als die political correctness ebenso wie die Stadtoberen oder die Gesellschaften selbst demonstrierten, was sie wirklich bewegte oder was sie für ein Tabu hielten in einer Gesellschaft, in der es zumindest in Sachen Religion eigentlich keine Kritikverbote mehr geben sollte.
So wurden entsprechende Themen trotz Anschlag auf das jüdische Museum Brüssel (bzw. auf die Menschen darin), Anschlag auf Charlie Hebdo, Anschläge in Kopenhagen 2015 nicht mal annähernd ebenso oft wie der  Katholizismus und seine Vertreter gewählt. Den Islam in ähnlicher Weise zu kritisieren war nicht gestattet, die wenigen die es wagten standen unter harscher Kritik, in einem Fall wurde ein deutlicher Wagen verboten, "aus Sicherheitsbedenken", die anderen hielten sich mit vager Kritik an "Religion" und der Nennung einzelner Gruppen vermeintlich wacker. In Wirklichkeit war gekniffen worden. Auch, weil früher, als es noch "ging" muslimische Verbände ebenso laut und deutlich gegen solche Kritik meckerten, wie sie es an anderer Stelle gegen den Terror hätten tun sollen.

Dieses Jahr geht man dann direkt in medias res. Jetzt sind es nicht mehr die Gesellschaften und Festwagen, jetzt sind die Narren dran. Da man zuletzt mit "Verhaltenstipps" fast eine Armlänge am Aufstand vorbeikratzte (naja, nicht wirklich, die Armlänge bezieht sich eher auf den Aufstand an der Tastatur), rät und bittet man nun die Bevölkerung, auf bestimmte Kostüme zu verzichten. Vornehmlich natürlich solche, die mit "täuschend echt aussehenden Waffen" ausgerüstet wären. Also bspw. Cowboy.
Während die letzte Woche im Licht der Beschwichtigung stand (natürlich wolle man weder jemandem vorschreiben, wie er sich verkleiden soll noch Kindern verbieten ihr Lieblingskostüm anzuziehen) ging dann der Fahndungsaufruf nach einem Kölner raus, der in einem Baumarkt - nein, keine Schusswaffe und diesmal auch keine Utensilien für einen Flammenwerfer wie 1964 - Chemikalien kaufte, die zusammen geeignet wären, einen Sprengsatz zu bauen.

Der Mann hat sich mittlerweile gestellt. Er habe friedliche Gründe, wir warten auf genauere Angaben.
Der Punkt dahinter ist der essentielle Knackpunkt in Waffen- und Terrordebatte:

Wenn Menschen töten wollen, sei es ein Mord an einer einzelnen, nahestehenden Person oder ein Massaker, dann finden sie einen Weg sich geeignete Mittel zu be- und zum Tator hin zu schaffen. Sei es wie in Boston selbstgebastelte Bomben in Schnellkochtöpfen in Rucksäcken, seien es Autos, selbstgebaute Flammenwerfer oder eben Schusswaffen. Es verunsichert und erzürnt die Menschen nur, wenn man ihnen erzählt, sie sollen bitte "sensibel" sein und über solche Dinge wie Spielzeuggewehre nachdenken.

Und nebenbei: es gibt im deutschen Waffengesetz einen Paragraphen, der sich sehr eindeutig auf Spielzeug- und Knallwaffen bezieht, die zwar keine Projektile verschießen können, aber exakte Nachbildungen darstellen. Diese dürfen nicht "geführt", d.h. unverschlossen in Reichweite mitgenommen werden. Darum sind die zu Kostümen gehörenden Schusswaffen meist entweder bedeutend größer oder kleiner als die Originale oder durch besondere Plastikteile am Lauf erkennbar.
Und wer glaubt jetzt wirklich, dass ein Attentäter dadurch abgehalten würde eine richtige Waffe zu oder unter einem Kostüm, sagen wir mal als "Scheich" oder "Pandabär" verkleidet mitzubringen, der scheint den Begriff Terrorist nicht verstanden zu haben. Und warum sollten Sprengmittelwesten und -gürtel als solche auffallen?
Und warum ist dies, bei solch scharfen Waffengesetzen die noch verschärft werden sollen, bislang nie ein Problem gewesen? Was hat sich geändert?

Zumindest auf die letzte Frage gibt es eine eindeutige Antwort, die zu geben nur solche bereit sind, die sich danach persönlichen Attacken ausgesetzt sehen. Und selbst dann reden sich manche die Gesellschaft und die Menschen schön...


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