Mittwoch, 27. Januar 2016

Tolkiens Weisheit

Oft, wenn mich etwas besonders trifft oder aufwühlt, suche ich Trost oder Ablenkung in ein paar Zeilen von Tolkiens großartigen Werken, deren erreichbare Zahl dank seinem jüngsten Sohn in den letzten Jahren und Jahrzehnten noch einmal stark angewachsen ist.
Aber selbstverständlich ist sein zentrales Meisterstück der "Herr der Ringe".
Wer die Bücher noch nie gelesen hat, dem empfehle ich sie hiermit wärmstens. Wer sich mit der englischen Originalausgabe schwer tut (was keine Schande ist, hier sind teilweise sehr gute Sprachkenntnisse nötig), der sei darauf hingewiesen, dass es eine "literarisch-künstlerische" Übersetzung gibt, die der Form Geltung verschafft und eine eher profane, welche sich deutlich leichter und beschwingter liest, dafür oft die Stimmung und den Tonfall nicht korrekt einfängt. Letztere wiederum wurde noch einmal überarbeitet, da sie doch etwas arg platt daherkam.

Tolkien war nicht nur ein literarisches, philosophisches und sprachliches Genie, er war auch tiefgläubiger und praktizierender Katholik, der dies in England auch auslebte, was gerade unter Akademikern eine Seltenheit war und ist.

Soviel als Vorinformation. Gestern habe ich bei meiner abendlichen Nachrichtenlektüre über die hier auch weiterverbreitete Meldung über das kleine Mädchen wieder einmal an unserer Gesellschaft und unserem Staat gezweifelt. Dabei kam mir dann auch noch der Artikel "In Deutschland herrscht eine >Diktatur des Guten<" unter. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits einen Band besagter Trilogie in der Hand und wie von selbst suchte ich darin jene Stelle, wenn Frodo der Elfenkönigin Galadriel den Ring und somit die Macht überlassen will.
Sie antwortet:
Ich leugne nicht, dass mein Herz das sehr begehrt hat. Anstelle eines dunklen Herrschers hättest du eine Königin! Nicht dunkel aber schön und entsetzlich wie der Morgen! Tückisch wie die See, stärker als die Grundfesten der Erde! Alle werden mich lieben und verzweifeln! ... Die Prüfung besteh ich. Ich werde schwinden und gen Westen fahren, und Galadriel bleiben.

Hier die Stelle in der letzten Verfilmung - wie ich finde sehr gut gemacht.

Einzig der Hinweis darauf, dass dieser blendende Glanz u.a. durch den Ring der Elben, welchen Galadriel selbst trägt, angestoßen wird. Sie hat bereits ein Instrument, um Gutes zu tun. Dies reicht aber nicht mehr aus.
Die Stelle in der modernen Übersetzung in Gänze.

Im Grunde ist dies die Antwort auf die Frage, warum es "das Böse" überhaupt geben muss. Wenn nur die Sonne strahlt und hernieder brennt, so verdörrt auch davon das Leben. Wer es zu gut meint mit Pflanzen oder Schützlingen, und sie in die hell leuchtende Sonne stellt, riskiert damit auch etwas.
Galadriel ist sich dessen ebenso bewusst, wie ihrer beschränkten Macht. Sie versucht nicht etwas zu nutzen, dass unendlich viel Böses in sich birgt, obwohl sie damit auch unendlich viel Gutes erreichen könnte. Sie hat nicht genug Hybris in sich, die der Ring ansprechen kann, um wirklich zu glauben, ihre guten Ziele umzusetzen ohne dabei auf der anderen Seite Schaden anzurichten.

Ich denke, dies passt auf unsere Gesellschaft. Verfolgten und vom Krieg heimgesuchten Menschen zu helfen ist so wunderbar edel und gut, dass Millionen von Menschen ignorieren, was ihre Bemühungen sonst mit sich bringen (angefangen bei den Problemen der Völkerwanderung wie Unterkunft und Versorgung über Kriminalität und Verfolgung in den Heimen selbst bis hin zu Terrorismus und der Zerstörung bestehender Ordnung / sozialen Friedens). Die selbst wenn solche Ereignisse ausufern lieber weiter auf die Schöhnheit der Sonnenstrahlen verweisen, als das verursachte Feuer zu löschen.
Zurück zu treten, sich selbst und all dem, was man durch bittere Lektionen aus sich gemacht hat treu zu bleiben ist unendlich schwer und wirkt erstmal nicht wie der richtige Schritt. Aber er wäre es gewesen.

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