Montag, 4. Januar 2016

Brüssel feiert rein, Köln feiert raus

Man kann sich nicht alles merken. Auch nicht, dass Brüssel in den letzten Wochen unter Ausnahmezustand lag, zumindest in Teilen. Da war doch wieder so ein Anschlag gewesen. Wieder in Paris. Irgendsowas. Und dann gabs eben Ärger in Brüssel.
Letzteres wurde mir so von meinen Verwandten kommuniziert. Alles ist weit, weit weg passiert, auch schon einige Zeit her und Details interessieren nicht.
Für jemanden, der in Brüssel lebt, dürfte das weit weniger entfernt gewesen sein. Wenn man es schon erstaunlicherweise nicht selbst miterlebte und auch die abgesagte Neujahrsfeier nicht merkbar wurde, so waren doch Nachrichten, Newsticker und Zeitungen voll davon. In Belgien.
Was also die "Jugendlichen" dazu bewegt hat, erst ein Auto, zumal noch das eines völlig Fremden, die Treppen einer U Bahn herunterzuschieben und damit Menschenleben in Gefahr zu bringen ist mir völlig unbegreiflich. Das aber weitere "Jugendliche" dann auch noch einen Weihnachtsbaum anzündeten macht die Sache lächerlich.
Überreaktion, angestaute Energie, religiöser Hass oder etwas von allem?
Ich weiß es nicht, ist mir auch egal. Wenn Menschen es nicht mehr hinbekommen sich zivilisiert zu verhalten, nicht mal für ein paar festliche Tage, dann haben wir nichts mehr, wofür es sich als Gesellschaft zu kämpfen lohnt. Dann haben wir schon verloren.
Es wäre also schön, liebe "Jugendliche", wenn ihr das, was von eurem gesunden Menschenverstand übrig ist endlich einsetzt. An euch wäre es jetzt, ein anderes Zeichen zu setzen. Macht euch nützlich, leistet etwas FÜR Brüssel und seine Menschen.
Macht mal Hoffnung, statt sie anzuzünden oder den "Gulli" runterzuschubsen.


Und in Köln ist es noch immer gut gegangen. Naja, nicht immer, und diesmal richtig nicht.

An Silvester hat eine große Männergruppe rund um den Kölner Hauptbahnhof Frauen bestohlen und belästigt. Eine Frau soll vergewaltigt worden sein.(...)
„Ein Täter hat einer Zivilpolizistin in die Hose gefasst“, berichtete Plickert. Bei den am Einsatz beteiligten Polizeibeamten herrsche eine „tiefe Betroffenheit“.
 Der Polizeipräsident Wolfgang Albers sprach in der Konferenz von "hunderten von Männern", die sich versammelte, in Gruppen aufteilten, und ihr Werk begannen. Scheinbar funktionierte dies so gut, dass wenigstens einige es am Sonntag erneut versuchten, diesmal aber in Anwesenheit der Polizei, die dann eine unglaubliche Zahl von fünf Tätern festnahm (vorrübergehend).
Die neugewählte Bürgermeisterin, selbst Opfer eines Verbrechens, ist dann auch sofort aktiv geworden und hat ein Meeting einberufen. Dazu sagte sie:
Es könne nicht sein, dass Besucher, die nach Köln kommen, Angst haben müssten, überfallen zu werden. „Wir können nicht tolerieren, dass hier ein rechtsfreier Raum entsteht“, so Reker. Polizei und Bundespolizei seien „dringend gefordert“.
Es mag dem ein oder anderen aufgefallen sein, dass hier von "Besuchern" die Rede ist. Nun ist der Tatort der Hauptbahnhof, und mit Sicherheit kommen hier mehr Reisende von außerhalb an, als Einheimische. Immerhin ist es eines der großen Bahndrehkreuze. Ich finde die Formulierung angesichts der Tatsache, dass Kölner hier aber abfahren und eine U-Bahnhaltestelle direkt neben dem Dom liegt, welche einen Ausgang im Hauptbahnhof besitzt sehr unglücklich gewählt. Es ist ja nicht so, dass bislang Friede pur geherrscht hat. Und auch diese Täter sind angeblich alte Bekannte und z.T. Intensivtäter. Nachdem sie aber offensichtlich bemerkten, wie wenig sie zu befürchten hatten, eskalieren sie nun die Situation. Erschreckend ist, wie der Kölner Stadtanzeiger und alle Verantwortlichen wieder einen Faktor verharmlosen. Bei den Tätern soll es sich ausnahmslos um Nordafrikaner gehandelt haben. Menschen, die bei uns nunmal weniger als Gastarbeiternachkommen denn als Asylsuchende ansässig sind. Statt dies offen und ehrlich zu behandeln und dann innerhalb dieser Gruppen zur Differnzierung aufzurufen, wird entweder dieser Fakt verschwiegen (FAZ und Bürgermeisterin) oder darauf hingewiesen: "mit Flüchtlingen haben die nichts zu tun" (Kölner Stadtanzeiger, der nebenbei auch die Zahlen verkleinert und manch anderes unter den Tisch fallen lässt), also beschönigt und gerade geredet, was nicht sein darf.

Leute, es nützt nichts. Wenn Menschen, die offensichtlich einen anderen kulturellen Hintergrund haben, kaum die hiesige Amtssprache beherrschen solch eine überwältigende kriminelle Energie und Menschenverachtung an den Tag legen, dann hilft nur Ehrlichkeit. Und ja, die Rechtsradikalen, die diesen Titel nicht umsonst tragen, werden es dann versuchen zur Pauschalisierung auf sämtliche Fremden im Land zu nutzen, die sogenannten "Populisten" werden ihre Kritik an der aktuellen Flüchtlingspolitik bestärkt oder bestätigt sehen und vielleicht auch von vielen anderen Zustimmung erhalten und an "Popularität" gewinnen. Aber das ist Demokratie. Zum Erhalt des status quo bzw. der eigenen Wählerschaft Probleme einfach nicht anzugehen oder den schlechtesten Weg zu wählen, den man finden kann, nämlich Opfer zu opfern und die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen, wird die Sache am Ende viel Schlimmer ausgehen lassen.

Den Opfern wünsche ich auf jeden Fall Kraft und ein liebevolles Umfeld, dass ihnen hilft, diese Sache zu verdauen.

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