Mittwoch, 7. Oktober 2015

Christentum - wie gewinnt Gut gegen Böse?

Dieser Tage beherrscht die Frage nach dem "Richtigen" unser Denken und die Nachrichten. Zahllose katholische, evangelische wie weltliche Blogger stellen oder beantworten die Frage, was christliche, was menschliche Pflicht ist in Situationen wie der laufenden Völkerwanderung, dem Griechenlanddebakel oder den Kriegen in Syrien, Irak und Afghanistan und Amokläufen wie jenen von Oregon.
Viel profaner ist da der Ansatz, den ich mir heute von der Seele schreiben möchte, und der doch die dahinter stehende Frage enthält.
Zu meinem Freundeskreis gehören einige junge Menschen, die sich zwar als katholisch identifizieren, dabei aber wohl zu jenem großen Kreis gehören, der kaum mehr als grobe Grundzüge der Lehre hinter dem Namen kennt. Der Katechismus, soviel weiß ich bereits, wurde von keinem von ihnen gelesen und die brennenden "Grundfragen" unserer Tage wie etwa die Zusammensetzung und Bedeutung der Familie beantworten sie entsprechend der Medienmeinung. Die Kirche nehmen sie als verknöcherte Instutition verbitterter alter Männer wahr, die weltfremd vor sich hin schwurbeln. Obwohl, den Franziskus, der ist ziemlich locker, den mögen sie. Schon wegen seines frechen Lächelns.
Als Laie habe ich weder die Befähigung noch die Aufgabe hier etwas zu lehren, auch wenn wir hin und wieder in Diskussionen auf das ein oder andere zu sprechen kommen. Meist aber bleibt es bei dieser Ausgangssituation, und wir verbringen einfach etwas Zeit miteinander. Und so kam es, dass wir einen Film sahen, in welchem es um eine Gruppe westlicher Soldaten ging, die in einem sehr fremden Land eingesetzt waren und dort sogenannte humanitäre Hilfe unterstützen sollten. Dabei gerieten sie in ein längeres Gefecht, verloren erst Material und schließlich Männer und ganz am Ende jede Motivation den Menschen dort zu helfen - immerhin waren sie von tausenden angegriffen worden, selbst von Frauen und Kindern, auf die sie unmittelbar zuvor sich geweigert hatten zu schießen.
Es waren diese Filmszenen, basierend auf den Berichten der überlebenden Soldaten und Augenzeugen, welche die Frage aufwarfen, wie "die Guten" jemals "die Bösen" besiegen sollen. So spezifisch der Vorfall war (und so weit er schon zurück liegt), so gültig ist das Gezeigte geblieben. Wir, die wir uns Ethik, Moral und / oder religiösen Regeln unterwerfen, kämpfen gegen Menschen, die jede Menschlichkeit vermissen lassen. Die zwar in einem Moment charmant, zerbrechlich und schützenswert wirken, im Nächsten aber nach dem Leben derer trachten, die sie gerade verschonten oder ihnen helfen wollten.
Afghanistanveteranen können davon ein Lied singen. Freundliche Menschen, die ihnen lachend die Hand schütteln um später mit einem Scharfschützengewehr aus einem alten Gebäude auf eine Patrouille zu schießen oder Soldaten, die plötzlich ihre westlichen Ausbilder ins Visier nehmen.
Wie können wir solch einen Kampf gewinnen, in welchem wir immer das Beste hoffen und uns edel, vorbildlich und zurückhaltend geben während die andere Seite keine Gelegenheit verstreichen läßt, jemanden von uns zu töten, zu entführen oder allgemein zu schaden?
Krieg ist kein Ort des Zögerns und Zürckhaltens, ein Schlachtfeld kein Ort, auf dem Feinde durch Mildtätigkeit sofort zu Freunden werden.
Die Frustration hinter diesen Feststellungen teile ich. Die einzige Antwort, die mir einfiel war aber genau diese:
Durch die christliche Haltung der Nächsten- und Feindesliebe, der Vergebung und der Bereitschaft die Hand auszustrecken und zu helfen, dem Unwillen Leben zu nehmen, selbst wenn es leicht und rechtlich unbedenklich wäre - das kann dazu führen, dass aus Feinden Verbündete werden, sie zu uns wechseln und der Kampf so leichter und wesentlich kürzer wird.
Zumindest aber sind die Prinzipien unserer Gemeinschaft etwas, dass unsere Soldaten stärkt. Wir verlassen uns aufeinander, wir lassen keinen Kameraden zurück. Vor der Erfüllung irgendwelcher Ziele steht der Gedanke an die Menschen in den Uniformen, die nicht (mehr) sinnlos verheizt werden (sollten).
Leider wußte ich in dem Moment, als ich es aussprach, auf welch tönernen Füßen dies steht. Die Realität sieht anders aus. Selbst Menschen, die zu uns fliehen, hier Obdach, Nahrung, bedingte Sicherheit, Geld und Fortbildung finden wenden sich oft gegen uns und sind noch öfter nicht bereit, unsere Art anzunehmen. Wie viel stärker ist da die Ablehnung in Kriegsgebieten. Wer sich englische oder dänische Dokumentationen aus Afghanistan angesehen hat, der kennt die oft unwirrsche Reaktion der Bewohner, welche die Taliban als zurückhaltende Friedensstifter darstellen, während die ISAF der große Tyrann ist - dem man dies auch ins Gesicht sagt.
Zwar jubelten tausende Iraker über Saddams Vertreibung aus dem Amt - doch gleichermaßen groß war der Hass auf die US Truppen, westliche Zivilisten und schließlich die eigene Regierung.
Und unsere Jungs mussten herhalten für einen Krieg, der nie Aussicht hatte, große Erfolge zu erzielen und dessen Ende zwangsläufig auch die kleinen Erfolge in Frage stellt. Mit Ausrüstung, die von Geiz, Korruption und der politischen Amateurhaftigkeit gepaart mit der Arroganz einer regelrechten Kaste von "Demokraten" auf einem Niveau gehalten wird, die ernste Zweifel an der geistigen Verfassung unserer Republik aufkommen lässt.

Viele Märtyrer der katholischen Kirche sind ehemalige römische Soldaten, historisch verbürgt oder frei erfunden, die den Kriegsdienst sowie die Unterwerfung unter den Kaiserkult verweigerten und dafür umgebracht wurden. Dies ist also wohl die höchste Konsequenz christlicher Haltung. Das so allerdings das Böse aufgehalten wird, Unschuldige nicht mehr leiden müssen und der christliche Gedanke Verbreitung finden kann fällt mir schwer zu glauben.
Ethik und Moral, Glaube und Christlichkeit begegnen der Realität des grausamen Krieges und einer brutalen Welt. Die Kirche und die Lehre der Vergangenheit war daher keine wehrlose, keine durchweg pazifistische. Die Anpassung an die Welt aber brachte ihr viel berechtigte Kritik und besudelte sie mit dem Blut Unschuldiger. Führte sie in Versuchung der sie viel zu oft erlag.

Wo aber ist der Pfad der Mitte und wer will ihn bestreiten? Muss die Realität uns erst in Deutschland einholen, bevor wir von blindem Idealismus oder besser Fatalismus abweichen? Und reicht dann die Gemeinschaft oder muss jeder selbst, am eigenen Leib, der eigenen Familie erfahren was passiert?
Helfen ohne Sinn und Verstand ist genauso schlimm wie Krieg führen ohne Menschlichkeit - und doch ist in beiden enthalten, was getan werden muss, wozu wir verpflichtet sind. Als Christ und als Mensch.

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